Konsumspirale (Bad Boy)

Vor langer Zeit habe ich mir ein Rennrad gekauft. Dafür habe ich fast übermenschliche Opfer erbracht. Ich musste mich taufen und konfirmieren lassen. Ich weiß, das ist hart, aber es musste sein. Damals war das Fahrrad der letzte Schrei und auch heute fährt es wie kein Zweites. Allerdings ist es ein wirkliches Rennrad. Für Stadtfahrten ist es einfach nicht geeignet, weil es alle drei Tage platt ist oder ’ne schöne Acht im Reifen hat.

Ich also gedacht, nun aber mal schnell so ein alten Drahtklepper her, für 25e bei irgendeinem Schrotti gekauft. So’n Fahrrad reicht, um zwei Kilometer zum Büro und zurück zu rollen. Ab zum ersten Trödler und geschaut, aber nichts gefunden. Zeit ging ins Land. Zwei Wochen später dachte ich mir so, vielleicht sollte man sich ein günstiges Trekkingrad kaufen. Damit kann ich in der Stadt fahren und bei Lust und Laune auch mal eine kleine Tour machen. Effekthandlung: Ebay! Durchgeschaut, nichts gefunden, weil ich keine Ahnung hatte von dem Scheiß.

Ich fragte zwei Freunde, die bei Bikes voll die Checkung haben. Die sagten mir zwar unterschiedliche Dinge, aber insgesamt brachten sie mir bei, auf was ich achten muss beim Fahrradkauf. Also schnell noch mal bei Ebay geschaut, bis mir wieder ein Tip von meinen Bikefreaks einfiel. Ohne Probefahren geht nix.

Ich gehe zum nächsten Fahrradhandel, um mir einige Räder zeigen lassen. Damit fahre ich einige Runden auf’m Hof und lerne dabei noch mehr. 400 Euro, ja ganz gut. 750 Euro, einfach besser. 1000 Euro, am besten. Man merkt wirklich den Unterschied, daran gibt’s kein Zweifel. Das 400 Euro Rad war mir danach nicht mehr gut genug und 750€ war mir einfach zu teuer. Scheiße! Also wieder Internet. Da muss es doch was Besseres, für weniger Geld geben. Nach langer Recherche ist mir wieder eingefallen, dass ohne Probefahrt sowieso nix geht. Einer meiner Freunde schickte mich zum Fahrradhändler seines Vertrauens.

Mit einer ziemlich schnell angeeigneten Kompetenz gehe ich in den Laden.
Ich so: Ich möchte ein Crossrad mit mind. 60er Rahmenhöhe und einer Shimano Deore Gruppe bis 700€!!! (Hatte bereits schon akzeptiert, dass eine gewisse Qualität soviel kostet).
Er so: Da haben wir eins im Angebot. Kostete mal 1000, jetzt 699.
Ich so: Super. Ich fahre mal Probe.
Ich fahre, er schaut mir zu. Ich denke mir, vielleicht doch etwas zu klein.
Er so: Ich würde ihnen das Rad gerne verkaufen, aber es ist für sie einfach zu klein.
Ich so: Denke ich auch.
Er so: Sie brauchen ein langes Oberrohr. Am besten das Längste.
Ich so: Hört sich gut an.
Er so: Cannondale baut den Bad Boy Rahmen in XL. Der hat ein Oberrohr von 63,7.
Ich so: Gut. (Mädels aufgepasst: Mein Rohr ist 63,7 lang!)
Er so: Wollen sie damit auch mal auf’m Feld- oder Waldweg fahren?
Ich denke mir Feld- oder Waldweg, klar will ich das, soll ja schließlich ein Crossrad seien. (Nur für die Laien unter euch: Ein Crossrad ist kein MTB, sondern ein Zwitter zwischen MTB und Trekkingrad)
Ich so: Ja, kann schon mal vorkommen.
Er so: Federgabel brauchen sie dann aber schon.
Ich so: Ja, find ich gut.
Er so: Ok, also den Bad Boy XL mit Deore Ausstattung und Federgabel?
Ich so: Genau, was kostet das dann?
Er so: 1699 Euro.
Ich lache ihn aus, allerdings glaubt er anscheinend ich lache ihn an. Dann bekommt er Zweifel.
Er so: Ich zeig ihn mal den Rahmen.
Ich latsche hinter ihm her und frage mich, was ich hier eigentlich mache. Dann zeigt er mir ein Fahrrad, mit diesem Rahmen. (Allerdings nicht meine Größe) Geiles Teil. Einfach nur super geil. So habe ich mir mein Fahrrad vorgestellt. Schlicht, sportlich, keine scheiß bunten Aufkleber. Dann noch ein bisschen Laberei, wegen der vielen Kohle. Er bleibt bei seiner Meinung. Mit einem guten Gewissen kann er mir nur das verkaufen. Stabil, gut für meine Größe (Ich hab ja ganz andere Hebel als kleinere Leute) und blablabla.
Ich so: Ich lass mir das mal durch den Kopf gehen.
Ich verlasse den Laden mit dem Gefühl gut beraten worden zu sein (meine ich echt ernst) und mit dem Gedanken, wo ich den ganzen Schotter für mein Bad Boy hernehme.