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Philosophie

Unterlassungssünden

Ich habe nie geglaubt, daß die Freiheit des Menschen darin bestehe, daß er tun könne, was er wolle, wohl aber darin, daß er nie tue, was er nicht wolle; und auf diese Freiheit erhob ich immer An-spruch, erhielt sie oft, und das machte mich in den Augen meiner Zeitgenossen am meisten zum Argernis.

Denn sie, die tätig, immer in Bewegung, ehrgeizig sind, welche die Freiheit bei den anderen verabscheuen und selbst nichts davon wissen wollen, solange sie nur manchmal ihren Willen bekommen oder vielmehr den anderer beherrschen können – sie zwingen sich ihr ganzes Leben lang zu tun, was ihnen zuwider ist, und sie scheuen keine Unterwürfigkeit, um herrschen zu kön-nen.

Rousseau, 6. Spaziergang